Montag, 27. Januar 2025, 19.30 Uhr, Gaststätte „s’Burgstüble“, Am Sportplatz 4, Stetten im Remstal. Lesung Peter Kern (+ Peter Conradi): „Dorfansicht mit Nazis“
Erinnern Sie sich an die Zeit, als die Leute hinter ihren Häusern noch Hühner hielten, denen auf dem Spaltblock der Kopf abgehackt wurde, bevor sie in den Suppentopf wanderten, die Scheuern (+ die Natur) ein riesiger Abenteuerspielplatz für Kinder waren, die „Fange“ oder Cowboy und Indianer spielten, die Schulmeister noch prügelten, „Daddsa“ oder Kopfnüsse verteilten, als es noch massenhaft Maikäfer gab, die in Schuhschachteln mit Löchern drin gesammelt wurden, samstags gemeinsam in einer Wanne gebadet wurde, das Wäschewaschen noch ein mühseliges Geschäft war, die Kaffeebohnen mit einer Handkurbel in einer zwischen die Knie geklemmten Kaffeemühle gemahlen wurden und die selbst angebauten Früchte in Weckgläser eingedünstet wurden? Dann haben Sie die Zeit der 1950/60er Jahre erlebt, die der 1954 geborene Autor Peter Kern in seinem autobiographischen Roman beschreibt, den er am Montag, 27. Januar um 19:30 Uhr im „Burgstüble“ vorstellt.
Nur dass es sich bei dem beschriebenen Ort nicht um Stetten im Remstal handelt, sondern um das Dorf Rodalben, am Westrand des Pfälzer Waldes gelegen, nördlich von Pirmasens. Und noch etwas ist anders: Rodalben ist Großteils katholisch geprägt. Und die nahen Kasernen der US-amerikanischen Besatzer bringen die Dorfjugend früh in Kontakt mit „chewing gum“ und amerikanischer Musik.
Doch nicht nur eine neue Musik kommt ins Dorf, sondern auch die Veränderungen der 1968er Jahre erreichen die Pfalz: lange Haare, Wohngemeinschaften, erste Drogenerfahrungen, Demonstrationen.
Sein weiterer Lebensweg führt Peter Kern dann in die Großstadt und zur IG Metall. Als Rentner kehrt er jetzt – zumindest literarisch – in sein Heimatdorf zurück und stellt die Fragen, die in seiner Kindheit nicht gestellt wurden: wer waren die örtlichen Nazi-Größen und MitläuferInnen (auch in der eigenen Familie), was wurde aus ihnen nach 1945? Was geschah mit den jüdischen Familien des Dorfes, die auf einmal „verschwanden“? Warum wurde darüber nie geredet?
Für diesen historischen Teil ist dann hauptsächlich der ebenfalls anwesende Rodalbener Heimatforscher Peter Conrad zuständig, der Weg und Schicksal dieser Familien erforscht hat, unter anderem der Auschwitz-Überlebenden Inge Feltmann und der Familie Baer Metzger. Diese flüchtete zu ihren schwäbischen Verwandten, der Familie Lang in Süßen (bei Göppingen). Vergeblich hoffend, dadurch Verfolgung und Ermordung zu entgehen.
Eine Veranstaltung der Allmende in Zusammenarbeit mit der David-Pfeffer-Geschichtswerkstatt.
Eintritt frei.