Dienstag, 9. Juli 2024, 19 Uhr, Glockenkelter Stetten. Film: “Wenn Wohnen zur Ware wird“ (Sold City – Verkaufte Stadt, Teil 2). Mit den FilmemacherInnen Herdolor Lorenz + Leslie Franke

Der folgende Text, den die Allmende für ihre Rubrik im Mitteilungsblatt Nr. 27-2024 der Gemeinde Kernen eingereicht hatte, wurde von der Gemeindeverwaltung komplett zensiert und nicht veröffentlicht. Begründung: “Berichte, die nicht sachlich und aufs Wesentliche verfasst sind sondern in Form eines wertenden Leserbriefs, Kommentars, eindeutig politisch wertenden Inhalts von Vereinen eingestellt werden, werden im Mitteilungsblatt Kernen nicht veröffentlicht”.

Und das ist der “wertende Inhalt”: Einsam und verlassen steht er am Rande von Fellbach – der 107 Meter hohe „Schwabenlandtower“. Eine Investitionsruine, ursprünglich geplant für sündhaft teure Eigentumswohnungen, dann für sündhaft teure Mietwohnungen, die weder weitergebaut noch abgerissen werden kann. (Siehe untenstehendes Foto).
Er ist inzwischen eine millionenteure Nisthilfe für Turmfalken und Sinnbild einer verfehlten Wohnungsbaupolitik, mit der sich reiche Finanzinvestoren riesige Gewinne durch das neue „Betongold“ versprachen, während andererseits Tausende von Menschen verzweifelt nach bezahlbaren Wohnungen suchen, die nicht vorhanden sind bzw. die in den letzten Jahren zu Hunderttausenden an (internationale) Wohnungsbaukonzerne verscherbelt wurden, die sie durch enorme Modernisierung-Preissteigerungen oder durch Umwandlung in Eigentumswohnungen dem Sozial-Wohnungsmarkt entzogen haben.
Doch es gibt Alternativen. Der Film „Wenn Wohnen zur Ware wird“ zeigt Beispiele, wie es anders gehen könnte: In der Stadt Wien wurden städtische Fonds eingerichtet, mit denen immer mehr Boden in kommunaler Hand verbleibt und der Bodenpreis (und damit auch der Mietpreis) gedeckelt bzw. preisreguliert ist. Im asiatischen Singapur leben 86% der Bevölkerung in Häusern des kommunalen Wohnungsbaus.
In den letzten Jahr(zehnten) hat die Allmende (fast) alle Dokumentation der beiden Hamburger FilmemacherInnen Herdolor Lorenz und Leslie Franke gezeigt: So 2010 „Water makes money“, 2015 „Wer rettet wen?“ und 2018 „Der marktgerechte Patient“. Zum Bundesstart ihres neuen Films kommen sie zum ersten Mal persönlich nach Stetten.
Eine Veranstaltung der Allmende Stetten in Zusammenarbeit mit dem Parteifreien Bündnis PFB und dem Kommunalen Kino Kernen.
Eintritt frei.

Schwabenlandturm in Fellbach – Investitionsruine + Sinnbild einer verfehlten Wohnungsbaupolitik, Juni 2024, Foto Allmende Stetten

Kernen liegt ja bekanntlich im „Speckgürtel“ von Stuttgart und ist Zuzugsgebiet. Das hat seine Vorteile, z.B. beim Arbeitsplatzangebot und beim Zugang zu Kultur. Aber auch seine Nachteile, nämlich steigende Grundstückspreise und steigende Mieten. Die ZEIT hat dazu letzte Woche einen interessanten Artikel veröffentlicht, auf Grundlage des Zensus 2022: so beträgt die durchschnittliche Bestandsmiete in Kernen 8,59 €/m² (quer durch alle Vermietungsformen, auch viele Altmietverträge). Anders sieht es bei den Angebotsmieten aus, also die Wohnungen, die neu auf den Markt kommen. Diese betrugen nämlich (ebenfalls mit Referenz 2022) durchschnittlich 12,24 €/m², lagen also um 42,5% höher wie die Bestandsmieten. Kernen bewegt sich damit auf dem Niveau von Fellbach (12,71), Waiblingen (12,37) oder gar Stuttgart (14,17). Weinstadt liegt mit 11,60 €/m² leicht drunter. Und das sind wohlgemerkt die Kaltmieten, für die Nebenkosten müssen inzwischen 30-40% dazugerechnet werden. Da in Deutschland 55% der Bevölkerung zur Miete wohnen (mit regionalen Unterschieden), stellt sich für viele Menschen die Frage, wie Alternativen auf dem Wohnungsmarkt aussehen könnten. Dazu mehr bei dem Film „Wenn Wohnen zur Ware wird“ (“Sold City”, Teil2)

Filmplakat “Sold City”, Foto Salzgeber Filmverleih